Pressemitteilung: Kammeranträge zum Werbeverbot​

Warum wir die Forderungen der Kammern befürworten

Mittlerweile haben es Lieferengpässe und Versprechen von Influencer:innen zu Arzneimitteln in die Tagesschau geschafft. Die Thematik von Arzneimittelwerbung wird in diesem Jahr auf dem Deutschen Apothekertag diskutiert. So fordert die Apothekerkammer Hessen, die “gesetzlichen Regelungen an heutige Werbeformate anzupassen, sodass Arzneimittel eine Ware besonderer Art bleiben”.
Die Pharmacists for Future (Ph4F) befürworten diese Forderung. Das Heilmittelwerbegesetz (HWG) regelt den rechtlichen Rahmen der Werbung im deutschen Gesundheitswesen und gilt derzeit für Hersteller und Anbieter von Arzneimitteln sowie Apotheken, Krankenhäuser und teils auch für die Ärzteschaft. Ziel ist es, Menschen vor Fehlentscheidungen beim Arzneimittelgebrauch zu schützen.

Nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) sind Arzneimittel zur Heilung, Linderung oder Verhütung menschlicher Erkrankungen bestimmt. Viele Menschen sind auf pharmazeutische Kenntnisse bezogen Laien und vertrauen dem, was gesehen oder gehört wird. Im HWG ist dementsprechend geregelt, dass irreführende Werbung unzulässig ist. Das Gesetz gilt bislang aber nicht für Influencer:innen, welche Produkte als Wundermittel in den sozialen Medien anpreisen. Die aktuelle Debatte um die “Abnehmspritzen”, wie beispielsweise Ozempic, zeigt die Problematik auf: Durch die Anwendung verliert man nur ungefähr 15 Prozent des Körpergewichts und muss dennoch seine Ernährung und Lebensgewohnheiten anpassen, wobei die Wahrscheinlichkeit des Jojo-Effekts nach absetzen ebenfalls gegeben ist, was häufig verschwiegen wird. Die Folge des Hypes war in den Nachrichten zu verfolgen. Durch den Missbrauch kam es zum Lieferengpass, und Diabetiker:innen, die auf das Medikament angewiesen und eingestellt waren, mussten umgestellt und neu eingestellt werden. Weitere Folgen und Nebenwirkungen des Off-Label Gebrauchs werden auf den sozialen Medien verschwiegen. Ein weiterer Antrag der Kammer Nordrhein richtet sich gegen Werbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel in telemedizinischen Services von ausländischen Anbietern. Deren Ärzt:innen bewerben in den Onlinesprechstunden verschreibungspflichtige Arzneimittel und übermitteln dafür ausgestellte Rezepte direkt an eine kooperierende Versandapotheke. Die Kammer fordert ein Verfahren, welches es ermöglicht, Verbraucher:innen vor diesen unseriösen Angeboten zu schützen.

Auch die saisonale Werbung in den Schaufenstern der Apotheken kann zu vermehrten Nachfragen eines Produktes führen. Durch die Angebote und Darstellung der ausgestellten Produkte wird assoziiert, dass dies ein gutes Medikament sei, ohne eine kompetente Beratung vorher erhalten zu haben. Für die Schaufenstergestaltung von Produkten fällt zudem viel Müll an. Alternativ können Schaufenster auch informativ gestaltet werden und zur Aufklärung beitragen, ein digitales Schaufenster bietet die Möglichkeit mehrere verschiedene Themen aufzugreifen. Als Ph4F haben wir uns bereits mit alternativen Schaufenstergestaltungen auseinandergesetzt.

Die Ph4F sehen in der Arzneimittelwerbung verschiedene Probleme. Medikamente sollten nicht angewendet werden, weil die Werbung, beispielsweise durch Influencer:innen, Internetplattformen oder TV-Werbung, suggeriert, dass es sich um Wundermittel handelt. Werbung sorgt dafür, dass es zu erhöhten werbeinduzierten Arzneimitteleinnahmen kommt, was wiederum zu einem vermehrten Arzneimittelgebrauch führt. Neben Lieferengpässen kann Werbung auch die Beratung in der Apotheke negativ beeinflussen, da sich die Menschen bereits auf ein Produkt fokussiert haben, welches nicht die beste Wahl für ihr Anliegen ist. Als Ph4F stehen wir neben einer Erweiterung des HWG auf Influencer:innen auch für eine Erweiterung des Werbeverbotes für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel und Nahrungsergänzungsmitteln. Als Arzneimittelexpert:innen ist es die Aufgabe des pharmazeutischen Personals, die Patient:innen aufzuklären und das entsprechende Medikament zu empfehlen. In einer guten Beratung kann sich herausstellen, dass nichtmedikamentöse Maßnahmen sehr geeignet sind. Diese führen zu einem geringeren Risiko für mögliche Neben- oder Wechselwirkungen. Ebenfalls fällt weniger Verpackungs- und Arzneimittelmüll an und die Wirkstoffeinträge in die Umwelt sinken. Außerdem entsorgen viele Menschen Arzneimittel nicht fachgerecht und so sind Arzneistoffe in messbaren Mengen in den Gewässern enthalten und schädigen die Ökosysteme.

Die Pharmacists for Future unterstützen die Forderungen der Kammern und sehen dem diesjährigen Deutschen Apothekertag gespannt entgegen. Apotheker:innen, denen Verbraucher- und Umweltschutz wichtig ist, können an der Hauptversammlung der Apotheker:innen am Deutschen Apothekertag 2023 teilnehmen und die Diskussion zu den Anträgen verfolgen.

Pharmacists for Future

Quelle: https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2023/08/10/dat-antraege-nehmen-arzneimittelwerbung-ins-visier